DAZ.online: 20 Jahre Apotheker ohne Grenzen – Hilfe unter erschwerten Umständen

(erschienen in DAZ.online, 26.06.2020)

Notfalleinsätze, Langzeithilfe und Bildungsarbeit im In- und Ausland: Die „Apotheker ohne Grenzen“ können zu ihrem 20-jährigen Jubiläum auf eine Vielzahl von Projekterfolgen zurückblicken. Ihren Geburtstag hätten sie sich sicherlich etwas anders vorgestellt. Dennoch ist ihre pharmazeutische Hilfe wichtiger denn je. Denn die Projektländer benötigen gerade jetzt dringend Unterstützung bei Hygienemaßnahmen, Hygieneartikeln und der Beschaffung wirksamer Medikamente.

Es ist kein leichtes Jubiläumsjahr für die „Apotheker ohne Grenzen“ (AoG). Statt schöner Jubiläumsaktionen und Feierlichkeiten müssen die Vereinsmitglieder ihre Energie und Kraft nun in die Bekämpfung von COVID-19 stecken. „Zum Vereinsjubiläum wollten wir unsere Projekte in der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit stärken und ausbauen, doch nun leisten wir vor allem kurzfristige Nothilfe, um die Menschen im globalen Süden auch während der Corona-Pandemie mit Arzneimitteln zu versorgen“, sagte Vorstandsvorsitzender Jochen Schreeck in einer Pressemitteilung des Vereins. Er gehört zu den 37 Apothekern, die den gemeinnützigen Verein am 7. Juni 2000 in Eschborn gründeten.

Notfallversorgung und Hilfe zur Selbsthilfe

Eine Säule der Vereinsarbeit sind die Notfalleinsätze. So unterstützten die Apotheker ohne Grenzen beispielsweise die von Naturkatastrophen betroffene Bevölkerung in Indonesien, Haiti, auf den Philippinen oder in Nepal ebenso wie Flüchtlinge aus Bangladesch oder Kenia. Tätig ist die Organisation derzeit in rund 16 verschiedenen Ländern mit über 20 verschiedenen Projekten. Morandin schildert gegenüber DAZ.online die Aufgaben des Vereins vor Ort als vielseitig: der Bedarf an Arzneimitteln wird vor Ort überprüft und Medikamente werden beschafft. Außerdem kümmerten sich die Helfer um die hygienische Situation und verteilten Hygieneartikel, wie zum Beispiel Seife. Diese sind in der Pandemie besonders wichtig. „Wir arbeiten mit großen Organisationen, wie dem Verein German Doctors zusammen und mit lokalen Partnern vor Ort“, erklärt Morandin.

Neben der Nothilfe engagiere sich der Verein für die langfristige und nachhaltige Verbesserung der Gesundheitsversorgung in den Projektländern. Um die pharmazeutische Versorgung sicherzustellen, werden Projektpartner in den Ländern geschult. Hilfe zur Selbsthilfe sei ein Grundprinzip der Zusammenarbeit vor Ort. Dabei gehe es um die Qualitätssicherung und den Einkauf hochwertiger Arzneimittel sowie pharmazeutische Schulung und Beratung zu Bedarf, Lagerhaltung und Abgabe vor Ort.

Hilfe in den Slums von Buenos Aires

Ein Schwerpunktland der „Apotheker ohne Grenzen“ ist Argentinien. Apothekerin und Halbargentinierin Dr. Carina Vetye ist als Projektkoordinatorin hauptsächlich vor Ort angestellt. Ihr Tätigkeitsgebiet

sind die Slums von Buenos Aires. Erfolgreich hat sie dort in einem staatlichen Gesundheitszentrum eine Apotheke aufgebaut, welche besonders in der Corona-Zeit lebenswichtig für die Menschen vor Ort ist. Ein ehrenamtliches Team von einheimischen Apothekern wurde im Laufe der Jahre geschult. Auch wurden verschiedene Programme, zum Beispiel für chronisch Kranke oder zur Zahngesundheit, installiert. So konnte die Organisation im Laufe der Jahre zahlreichen Menschen in den Elendsvierteln bei ihrer Gesundheitsvorsorge und Krankheitsbehandlung helfen.

Corona erschwert Engagement vor Ort

Seit März sei Vetye, laut Morandin, nun schon in Buenos Aires, um die lokale Versorgung in der Slum-Apotheke aufrechtzuerhalten. Die Corona-Pandemie habe das Land schwer gebeutelt, aber nicht nur das: In einem You-Tube-Video berichtet Vetye über den Ausbruch von Dengue-Fieber. Betroffen sei laut Vetye insbesondere der ärmste Teil der Bevölkerung durch die strenge Ausgangssperre, da viele im informellen Sektor tätig und nun arbeitslos seien.

Aufgrund von Corona hat der Verein alle anderen deutschen Einsatzkräfte aus den verschiedenen Projektländern abgezogen. „In Deutschland können wir derzeit keine Einsatzkräfte schulen, und die ehrenamtlichen Projektkoordinatoren müssen ihre Partner ausschließlich aus der Ferne betreuen“, beschreibt Schreeck die derzeitige Situation des Vereins.